„Die Musketiere vom Wedding“ – Rezension von Benedict Balke

Überzeugt durch lockeren Humor & überraschende Tiefe

Wie üblich macht Orlando Stein von seinem lockeren, dazu trockenen und teils überraschend ernsten Schreibstil Gebrauch, der bei mir inzwischen ein intuitives Grinsen auslöst.

In Kombination damit wird die tiefe Freundschaft der Musketiere vom Wedding hervorgehoben. Nicht durch explizite Worte, sondern vielmehr durch Ausführungen gemeinsamer Erinnerungen, Erlebnisse und des eigenartigen Umgangs, den sie miteinander pflegen. Mit Ausnahme von Willi, aus dessen Sicht und Gefühlslage die Geschichte erzählt wird, gehen die Gestaltungen ihrer einzelnen Charaktere nicht sonderlich in die Tiefe.

Stattdessen wird zwischen ihnen eine allumfassende Charakterdynamik geschaffen, die ich so noch nie in einem Buch erlebt habe. Vermutlich hätte es dem Schwur der Musketiere (»Wir sind ein Blut, ein Herz, ein Körper. Ein Leben.«) vollkommen widersprochen, ihre Charaktere einzeln zu beleuchten. Stein lässt also ihren größten Wunsch wahr werden, indem er sie stilistisch zu einem Geist, einer Seele und einem Charakter fusioniert.
Zu Beginn hatte ich das Gefühl, es mit einer leichten Lektüre zu tun zu haben, die sich vor allem durch lockeren Wortwitz auszeichnet. Doch der Schein trügt, denn die emotionale Komponente dieses Werkes wächst etappenweise, um sich schließlich in Höhepunkten von gemeinschaftlicher Euphorie, Trauer oder Verzweiflung zuzuspitzen, bevor sie von neuem Anlauf nimmt.

Ein Zyklus, der teils Hoffnung spendet, aber zugleich die nackte Realität des Lebens vor Augen führt und kontinuierlich seine Tiefe steigert. Das Ende hat mich zutiefst gerührt und über die menschliche Existenz nachdenken lassen. Ein Buch, das zum Lachen bringt, aber vor nichts die Augen verschließt, um mit all seiner Kraft gegen das Vergessen anzukämpfen. Ich empfehle es jedem weiter, da es meines Erachtens zeitlos ist und das Potenzial hat, jede Zielgruppe zu bewegen.

Text: Benedict Balke. Instagram: @bene_blk.autor