Orlando Steins Buch „Kater mit Sommersprossen“ erzählt eine gefühlvolle und romantische Geschichte, die klassische Themen wie Liebe, Selbstfindung und Zugehörigkeit aufgreift und dabei den modernen Berliner Alltag als Kulisse nutzt.
Mit viel Witz und gleichzeitig einer emotionalen Note schildert Stein die Begegnung zweier Außenseiter, die durch Zufall aufeinandertreffen und sich gegenseitig verändern und weiterentwickeln. Doch wie gut funktioniert dieser Ansatz? Im Folgenden gehe ich auf die Stärken und Schwächen des Romans genauer ein.
It’s Berlin, Baby
Die Geschichte nimmt ihren Anfang an einer Berliner Tankstelle, wo Alex, ein erfolgloser Comiczeichner, und Niko, ein frisch gebackener Abiturient mit schwieriger Vergangenheit und Familienverhältnissen, zufällig aufeinandertreffen. Was zunächst wie eine flüchtige Begegnung wirkt, entwickelt sich schnell zu einer komplexen Beziehung voller Konflikte, Missverständnisse und schließlich sogar Liebe.
Die Atmosphäre des Buches ist geprägt von einer Mischung aus urbaner Melancholie und humorvollen, charmanten Dialogen. Reichlich Bettszenen gibt’s natürlich auch. Berlin als Handlungsort ist dabei mehr als nur eine Kulisse – die Stadt wirkt wie eine eigenständige Figur: hektisch, unberechenbar und gleichzeitig voller kleiner magischer Momente, sodass man sich gut in das Setting hineinversetzen kann.
Ein besonders interessanter Aspekt des Buches ist die gelungene Einbindung der Nebenfiguren, etwa Alex’ liebevoll-chaotische Oma oder Nikos komplizierte Beziehung zu seiner Pflegefamilie. Auch Alex’ Ex-Freundin und Nikos Sportkumpel David bringen zusätzliche Würze mit, die die Beziehung der beiden Hauptfiguren immer wieder auf die Probe stellen.
Das große Spiel der Sympathien
Eine große Stärke des Romans liegt in der Vielschichtigkeit der Figuren. Alex ist ein liebenswerter, wenn auch vom Leben gezeichneter Protagonist, der durch seinen Humor und seine fürsorgliche Beziehung zu seiner Oma schnell Sympathien gewinnt. Seine Leidenschaft zum Zeichnen verleiht ihm außerdem eine kreative und sensible Dimension, die ihn zu einer tragfähigen Hauptfigur macht.
Niko hingegen ist in meinen Augen ein etwas schwieriger Charakter. Seine interessante Hintergrundgeschichte macht viele seiner Handlungen und Denkweisen zwar nachvollziehbarer, doch sein Verhalten bleibt oft unsympathisch. Ich gehe sogar so weit zu behaupten, dass er in einigen Momenten fast toxisch wirkt in seiner Beziehung zu Alex, was es deutlich erschwert, die Liebesgeschichte unvoreingenommen zu genießen. Obwohl der Autor Niko bewusst als ambivalente Figur gezeichnet hat, bleibt meine Abneigung gegen ihn ein Störfaktor, der meinen Lesefluss bis zum Schluss beeinträchtigt hat. Denn leider ist meine Antipathie nicht in Sympathie umgeschlagen.
Die Nebenfiguren hingegen sind ein großer Pluspunkt. Besonders Alex’ Großmutter ist mir recht schnell ans Herz gewachsen und bringt eine humorvolle und herzerwärmende Note in die Geschichte, die die oft konfliktreichen Szenen zwischen Alex und Niko ausgleicht.
Achterbahnfahrt der Gefühle
Die Liebesgeschichte zwischen den beiden Hauptfiguren ist eine Achterbahnfahrt der Gefühle. Beide inspirieren einander und durchlaufen eine nachvollziehbare Entwicklung, doch ständige Konflikte und äußere Einflüsse, wie etwa Alex’ Ex-Freundin, lassen die Beziehung immer wieder ins Straucheln geraten.
Orlando Stein versteht es, humorvolle, konfliktreiche, aber auch emotionale Momente geschickt zu verknüpfen. Der flüssige, leicht lesbare Schreibstil macht die Geschichte trotz ihrer Dynamik unterhaltsam und zugänglich. Besonders die thematischen Auseinandersetzungen und die Suche nach dem eigenen Platz im Leben sind wunderbar umgesetzt und gelungen. Das verleiht dem Roman eine zusätzliche Tiefe, die über die reine Liebesgeschichte hinausgeht.
Stein balanciert gekonnt zwischen humorvollen, pointierten Dialogen und emotionalen Gedanken. Die Szenen mit Alex’ Oma und die sarkastischen Gedanken der Figuren lockern die oft angespannte Beziehung zwischen Alex und Niko auf. Die Mischung aus Romantik und Drama bleibt dabei stets authentisch und rutscht nie ins Kitschige ab.
Pro und Kontra
Pro | Kontra |
Authentische und emotionale Liebesgeschichte | Niko als Figur bleibt oft unsympathisch |
Humorvoller und flüssiger Schreibstil | Dynamik zwischen den Figuren teils toxisch |
Interessante Nebenfiguren (besonders Alex’ Oma) | Einige Konflikte wirken vorhersehbar |
Gelungene Thematisierung von Zugehörigkeit | Antipathie gegenüber Niko stört den Lesegenuss |
Fazit
Für mich war „Kater mit Sommersprossen“ eine bittersüße Liebesgeschichte, die trotz ihrer Konflikte und teilweise schwierigen Figuren lesenswert bleibt. Besonders Alex’ Perspektive, sein Humor und die warmherzige Beziehung zu seiner Oma machen das Buch zu einem Highlight. Niko hingegen ist zwar eine komplexe Figur, die ich persönlich jedoch nur schwer ertragen konnte. Meine Antipathie zu ihm blieb leider bis zum Ende des Buches erhalten, und so war auch der Genuss der Liebesgeschichte an sich für mich nur schwer möglich. Doch trotz dieser Antipathie hat mich der Roman durch seinen Schreibstil, seinen Humor und die gelungene Themensetzung von Selbstfindung und Zugehörigkeit überzeugt.
Fazit
Für alle, die queere Liebesgeschichten mit einem Hauch Berlin-Flair mögen, ist „Kater mit Sommersprossen“ eine klare Empfehlung.